Am Glanglmarkt

Der Glanglmarkt in Wels ist der größte Kleintiermarkt in Österreich. Der Tradition entsprechend findet er immer am ersten Samstag nach Maria Lichtmess statt. Richtig viel los soll dort sein. Ein großes Stelldichein der Kleintierzüchter von nah und fern, die ihre Tiere potentiellen Käufern feilbieten. Und viele Schaulustige, die sich neugierig in das rege Treiben mischen. So wie in diesem Jahr auch ich.

 

Acht Uhr morgens am Welser Messegelände. Ich staune, wie viel Parkfläche um diese Uhrzeit bereits verparkt ist. Und über die Vielfalt der Autokennzeichen, die von überall her stammen. Aus allen österreichischen Bundesländern, aus Deutschland, Italien, Ungarn. Sogar ein Reisebus aus Slowenien fällt mir ins Auge, den Kofferraum weit geöffnet und voll mit Behältnissen, die auf Federvieh, Hase & Co warten. Der Welser Glanglmarkt scheint in der Kleintierszene tatsächlich sowas wie ein Highlight zu sein.

 

Seit fünf Uhr hat der Glanglmarkt schon seine Pforten geöffnet. Das eine oder andere Kleinvieh dürfte seitdem den Besitzer gewechselt haben. Jedenfalls hat fast jeder, der sich am Weg zurück zu seinem Auto befindet, irgendeine Art Schachtel, Box oder Käfig in der Hand. Die einfachen Transportschachteln aus Karton gibt es übrigens am Markt um 1,50 Euro zu kaufen, wie ich später in der Messehalle feststelle. Da könnte ich glatt einen Spontankauf tätigen, denke ich amüsiert, am passenden Transportbehältnis würd es nicht scheitern.

 

Um 6 Euro kriege ich beim Eingang ein oranges Eintrittsband aufs Handgelenk verpasst und darf mich ins Gewühl aus Menschen, Käfigen und Tieren stürzen. Lange Reihen an einfachen Tischen sind aufgebaut in den Messehallen, darauf die Käfige mit den Kleintieren und dazwischen enge Gänge, in denen ich gleich mal feststecke. Es ist richtig viel los hier und laut, ein unnachahmliches Gemisch aus Menschen- und Tierstimmen. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass sich der Glanglmarkt so etablieren konnte?

 

Maria Lichtmess und glangelnde Dienstboten

 

Früher endete mit Maria Lichtmess am 2. Februar nicht nur die Weihnachtszeit, sondern auch das bäuerliche Wirtschaftsjahr. Knechte, Mägde und Dienstboten wechselten den Arbeitgeber und zogen zum neuen Bauern weiter. Das Wort "glangln" bedeutet nichts anderes als "herumziehen". Viele von ihnen besaßen ein paar Stück Kleinvieh, das sie oftmals am neuen Bauernhof nicht halten durften. Die Tiere mussten verkauft werden, und so entstanden Viehmärkte. Den Glanglmarkt in Wels gibt es noch heute. Einzig im vergangenen Jahr wurde wegen der Vogelgrippeepidemie eine Pause eingelegt.

 

 

Eine Stunde lang spaziere ich durch die Ausstellungshallen. Ich beobachte Hühner, Hasen, Enten, Gänse, Singvögel, Tauben, Wachteln. Manche Tiere scheinen ihr Dasein im Käfig völlig in Ordnung zu finden. Bei manchen meine ich einen ausgeprägten Freiheitsdrang zu entdecken. Was die putzigen Viecher nach dem Markt in ihrem neuen oder alten Zuhause erwartet, frage ich mich, wie artgerecht sie dort leben dürfen, wer letztendlich im Kochtopf landen wird und wer bis zu seinem natürlichen Ende auf der Welt weilen darf.

 

Was mich am meisten verblüfft, ist die Vielfältigkeit an Tierarten und Rassen, die am Glanglmarkt präsentiert wird. Dass es nicht nur die braunen 0815-Hendln gibt, sondern Hühnerrassen mit prächtigem Gefieder und grünen Eiern, ist mir aus Nachbars Garten ein Begriff.

 

Aber Federvieh mit einem Schnabel, der ausschaut wie ein paar ineinander verschlungene Gehirnwindungen? Das hab ich wirklich noch nie gesehen.

Bevor ich dem Glanglmarkt endgültig den Rücken kehre, schaue ich mich vor den Messehallen um. Stände mit Bratwürstel, Leberkäse und Getränken, der obligatorische Süßwarenstand, der bei keinem Volksfest fehlen darf und ein paar Aussteller mit irgendwelchem Zubehör verbreiten Jahrmarktstimmung.

 

Unter den Fressalienständen finde ich einen dann doch recht makaber. Dem Andrang nach zu schließen, stoßen sich die Kleintierzüchter jedoch wenig daran, nach abgeschlossenem Geschäft Hähnchen zu verspeisen.