Im Vergleich zu anderen Fleischsorten spielt das Lamm in der österreichischen Küche eine untergeordnete Rolle. Zu Unrecht. Sehr gesund, mit geringem Fettgehalt, dafür mit umso mehr Vitaminen und Mineralstoffen, lässt es sich zu schmackhaften Spezialitäten verarbeiten. Bei mir steht Lammfleisch seit einigen Jahren mehr oder weniger regelmäßig am Speiseplan. Als ich am Welser Wochenmarkt Lammkoteletts kaufe und frage, wo denn das Fleisch herkommt, werde ich prompt eingeladen, mich selbst davon zu überzeugen.
Weideschafe aus dem Salzkammergut sollen es sein, deren Fleisch an besagtem Marktstand verkauft wird. Tiere, die den gesamten Sommer auf Wiesen, Almen und im Gebirge verbringen und sich von besten Gräsern und Kräutern ernähren. Geschöpfe, die ich insgeheim um ihr Dasein in der Natur beneide, wenn ich auf meinen Bergwanderungen auf sie treffe.
Neugierig mache ich mich auf den Weg zu der Adresse in Kirchham, die ich am Marktstand erhalten habe. Der Bauernhof von Franz Loidlsberger liegt am Eingang zum
Salzkammergut, in sensationeller Hanglage mit Blick Richtung Almtaler Voralpen und Traunstein auf der einen Seite und ins Flachland auf der anderen Seite. Am Hof haben seine rund 300 Schafe ihr
Winterquartier vom ersten Schneefall im Herbst bis ins Frühjahr. Seit kurzem dürfen sie wieder aus dem Stall ins Freie und auf den umliegenden Wiesen grasen. Als ich dem Hof meinen Besuch
abstatte, befinden sich Schafe sowohl in den Stallungen als auch auf den Weiden rundum. Hier wie dort beobachte ich ihr munteres Treiben. Denen geht es richtig gut, denke ich. Was sich garantiert
positiv auf die Fleischqualität auswirkt, die ich von meinem eigenen Geschmackserlebnis kenne und schätze.
Bald geht´s los auf Wanderschaft. Mit seinen Schafen und drei Hunden zieht Franz Loidlsberger in Neukirchen bei Altmünster von Weide zu Weide, die gesamte Saison
lang. Die Herde verweilt so lange auf einer Wiese, bis die Fläche sauber abgegrast ist. Ein kostenloser Rasenmäher sozusagen, meine ich, und Franz lacht. Der Beitrag, den Schafe zur
Landschaftserhaltung leisten, sei unersetzlich. Ohne weidende Schafe würden Grünlandflächen verwildern, Grünfutter ungenutzt bleiben, das Landschaftsbild leiden.

50 Schafe bringt Franz auf den Kasberg. Unter der Obhut eines Halters verbringen sie mit Schafen von anderen Kirchhamer Bauern den Sommer auf der Steyrlinger Seite
des Kasbergs zwischen Steyrer Hütte und Gipfelkreuz. Mit Geschick auf steilen Hängen unterwegs, suchen sie sich auch im unwegsamen, alpinen Gelände ihr Futter und tragen wesentlich dazu bei, dass
die Latschen nicht überhandnehmen und die Berglandschaft zugänglich bleibt. Wer sich jemals seinen Wanderweg durch Latschendickicht gekämpft hat, weiß dies extra zu schätzen.
Gekommen bin ich auf den Bauernhof, um zu sehen, wie artgerechte Schafhaltung funktioniert. Ich fahre heim voller neuer Eindrücke und Informationen und mit der Überzeugung, dass Schafe halten ein Vieles mehr bedeutet, als qualitativ hochwertiges Fleisch, Käse, Milch und Wolle zu produzieren. Durch die Beweidung mit Schafen nehmen Bauern maßgeblichen Anteil an der Landschaftspflege und Erhaltung unserer Kulturlandschaft.
Kaufen wir Produkte vom heimischen Schaf, können wir nicht nur auf Qualität aus nächster Nähe vertrauen. Wir stellen sicher, dass Schafhaltung für Landwirte einen
interessanten Erwerbszweig bildet und leisten damit indirekt einen Beitrag zur Landschaftserhaltung.
Hast du jemals über solche Zusammenhänge nachgedacht, als du dir deinen Lammbraten auf der Zunge zergehen ließest?